Once upon a tide

Salzige Meeresluft, endlos weiter, weißer Sandstrand, ab und zu ein vereinzelter Jogger oder ein Hund mit seinem Herrchen, tosende Wellen, die schäumend an den Strand brausen und das Surferherz höher schlagen lassen… es könnte alles so schön sein.

Lediglich der Himmel verrät das Störende an der Idylle. Diesig und ebenfalls noch schlaftrunken hängt er herab. Der Optimist würde jetzt sagen, der Himmel verkündet bereits einen neuen, strahlenden Sommertag. Mein Optimist und ich hingegen befinden uns um kurz nach 6 Uhr morgens in einer tiefgreifenden Beziehungskrise. Kein optimistischer Gedanke weit und breit. Stattdessen schleppe ich mich grummelnd den Strand entlang und versuche, nicht in den gefühlten treibsandartigen Fängen des ah so weißen Pulversandes zu versinken – mit meinen 13 kg extra Gewicht, die – jetzt- wohlgelaunt und brabbelnd vor meinen Bauch geschnallt sind und unternehmenslustig mit den Wurstelbeinchen strampeln.

Schlafen wie ein Baby – ich weiß nicht, wer dieses Märchen in die Welt gesetzt hat. Weder Baby Nummer 1 noch aktuelles Baby Nummer 2 halten irgendetwas von Schlafen. Ich hingegen habe das 1-2 stündige Intervallschlafen – nachdem Valerie irgendwann ab ca. dem ersten Lebensjahr etwas besser schlief (von Durchschlafen ist hier keine Rede) – erfolgreich verdrängt und kann mich jetzt bei Jasper, auch nach 9 monatiger Wiedereingewöhnung weiterhin nicht daran gewöhnen. Ebenfalls nicht an die Tatsache, dass die Nacht spätestens um 6.00 Uhr vorbei ist.

Schlimmer sind dann nur noch die Nächte bei Wachstumsschüben und die ersten Nächte in einer neuen Umgebung. 3 Wochen Wachstumsschübe gepaart mit einer neuer Umgebung hatten wir bereits über die Weihnachtsfeiertage bei den Großeltern. Kaum war diese Erfahrung nach 2 „normalen“ Nächten wieder völlig verdrängt, dann also die erste Nacht in der neuen südafrikanischen Umgebung.

Immer wieder erstaunlich – und für jeden Musikbegeisternden sicherlich faszinierend, wenn es nicht gleichzeitig so ohrenbetäubend schrill wäre – mit welcher Wucht das Schreien einsetzt und welche tonalen Pirouetten gedreht werden, die sich von einem Klimax zum nächsten hangeln, dabei an Dynamik und Lautstärke gewinnen, so dass eigentlich gar keine Luft für weitere Höhenflüge verbleibt, stattdessen aber eine neue Lautstärkenfacette zum Vorschein kommt, so dass selbst bei den gelassensten Personen das Blut in Wallungen gerät. Die einzige Gewissheit und Beruhigung ist, dass es tatsächlich irgendwann, und meistens genauso plötzlich wie es eingesetzt hat, vorbei ist und das Geschehnis als solches auch sehr schnell verdrängt ist – manchmal so schnell, dass ich nach einem – dann immerhin nicht von weiteren Schreiattacken unterbrochenem – „normalen“ Intervallschlaf nicht mehr sicher bin, ob die Schrei-Arien tatsächlich stattgefunden haben und ob ich wirklich so verzweifelt war, dass ich am liebsten miteingestimmt hätte.

Mein 13 kg Päckchen hängt mittlerweile selig an mir gekuschelt und schläft seelenruhig. Einfach märchenhaft diese Ruhe, eingebettet in das Rausche des Meeres. So stampfe ich nicht mehr ganz so grummelnd den mittlerweile festen und asphaltierten Untergrund entlang. Vorbei an schönen, gläsernen Einfamilienhäusern. Und entdecke eins mit einer passenden Aufschrift: Once upon a tide.