Lake Tekapo – Messe mit Blick

Das Blatt

Ein kleiner Junge entdeckte zu Hause die Hausbibel. Er hob das schwere Buch neugierig auf und blätterte darin. Plötzlich fiel ein altes, vertrocknetes Laubblatt heraus. Mit großen Augen rannte er zu seiner Mutter. „Mami, Mami, ich glaube, ich habe gerade Adams Unterhose gefunden.“



So begann am Sonntag der Gottesdienst in der berühmten Kirche des guten Hirten (Church of the Good Shepherd). Und diese heitere, unbekümmerte und nahbare Atmosphäre, die bereits durch diese kleine Eingangsgeschichte erreicht wurde, hielt die ganze Messe. Sowohl der Priester als auch der Messdiener, der eben diese Geschichte erzählt hatte, schafften es, Religion gekonnt mit Historie, Charme, Humor und Aktualität zu verbinden. 
Und doch ist es – ich möchte fast sagen leider – nicht der großartige Gottesdienst, der Scharen von Touristen in diese kleine Steinkirche lockt. Während der Messe war die Kirche zwar gut besucht aber bei weitem nicht so voll wie so ziemlich zu jeder anderen Tages- und Nachtzeit. 
Gelegen auf einer kleinen, einsamen Anhöhe, überblickt die Kirche den ganzen See Tekapo. Von allen Seiten bietet die kleine Steinkirche damit ein wunderbares Fotomotiv. Der farbliche Kontrast zwischen den grau-braunen Steinen der Kirche und dem milchig je nach Sonneneinstrahlung wechselndem Smaragdgrün-Türkisblau des Sees Tekapo lässt das Herz jedes Fotografen höher schlagen.


Gesteigert wird dieser Anblick im Oktober/November mit dem Erblühen der Lupinen, welche eine wahre Farbexplosion kreieren. Blaue, rosane, weiße, lilane und pinke Farbklekse zieren dann zusätzlich die ohnehin schon bunte Landschaft.
Und als wäre das nicht genug, bietet die Steinkirche selbst den wohl besten Kirchen-Ausblick weltweit. Eine riesige Fensterfront ziert die Rückseite des Gotteshauses und macht den Blick frei auf die äußere Naturidylle.
Und auch nachts pilgern Heerscharen von Touristen, ausgestattet mit ihren Kameras, Stativen und großen Objektiven, zur Kirche. Die Mackenzie-Region, insbesondere die Landschaft um den See Tekapo, ist weltweit eine der beliebtesten Gegenden zur Sternenbeobachtung. 


Fast zwei Wochen Ruhe haben wir uns hier am smaragdgrünen See gegönnt bevor es Anfang November zur Ostküste der Südinsel ging.

Von Seelöwen, Gletschern und Fjorden – die Westküste der Südinsel entlang 

Mit der Überfahrt von Wellington nach Picton auf die neuseeländische Südinsel besserte sich das Wetter tatsächlich. Zwar nicht unmittelbar aber doch merklich. Schlagartig schien sich hingegen die Zahl unserer Jucy-Kollegen zu verdoppeln. 


Und die Anzahl Touristen stieg ebenfalls erheblich. Allerdings trifft auch auf die Südinsel zu, was bereits für die Nordinsel gilt: Neuseeland ist ein so großes und dünn besiedeltes Land, dass sich die Menschen – inklusive der Touristen – auf wundersame Art verteilen, sodass eigentlich nur unberührte Natur bleibt, soweit das Auge reicht. Von Schafen abgesehen. Die wiederum findet man überall, dicht gefolgt von Kühen und Alpakas – ja tatsächlich Alpakas, die angeblich nicht nur aufgrund ihrer Wolle hier so beliebt sind, sondern als Schafhüter eingesetzt werden. Mehrheitlich sind es aber die weißen Schafswollknäule, welche die Landschaft dominieren. Vor allem Neugeborene sehen wir sehr häufig – was an der aktuellen Jahreszeit und natürlich unserem momentanen Wahrnehmungsfilter liegt.


Unser erster Halt auf der Südinsel galt dem Abel Tasman Nationalpark. Mit der Überfahrt von Wellington nach Picton und der Weiterfahrt bis Takaka durch enge, steile und vor allem sehr kurvige Berghänge, war die Autostrecke eine unserer bisher längsten Fahrten. Während ich mir bei unserem sicheren Rennfahrer die Einnahme der Seekrankheitstabletten wünschte, schien Valerie ziemlich unbeeindruckt zu sein. In gewohnt guter Reiselaune spielte, aß und schlief sie oder schaute aus dem Fenster. Nur die letzten Kilometer waren lautstark anstrengend – dies scheint allerdings immer der Fall zu sein, egal wie lange wir fahren. Selbst bei den kleinsten Fahrten zwischen zwei Aufenthaltsorten sind immer die letzen Kilometer die stimmintensivsten.
Entsprechend kaputt und müde kamen wir in unserer Airbnb-Unterkunft an und wollten alle nur noch schlafen. Oder zumindest fast alle. Valeries Schlafverhalten nachts hat nämlich nichts mit ihrem ansonsten ziemlich entspannten Wesen tagsüber gemein – aber das ist eine andere Geschichte.

Und dann hatten wir ihn. Den schönsten Tag in Neuseeland. Zumindest bis dahin. Es fing schon damit an, dass die Sonne schien. Und sie schien sogar noch, als wir unsere ausgiebige Frühstückszeremonie – begleitet von Kommissar Eberhofer – beendet hatten. Den ganzen restlichen Tag verbrachten wir daher draußen am Whariki Beach.

Unverbauter, unberührter, kilometerlanger Sandstrand, den man nach einem ca. 20-30 minütigen Spaziergang vom Parkplatz aus erreicht, und dazu Sonne – unvorstellbar schön. Gut, auf der Südinsel ist es ziemlich kalt, im Frühjahr allemal, entsprechend kam keiner von uns auf die Idee zu baden; aber ansonsten: einfach traumhaft!

Auch Valerie hatte sichtlich Spaß und raste quietschvergnügt krabbelnd durch den Sand, lieferte sich ein Rennen mit zwei Wasservögeln und tollte in unmittelbarer Nähe eines Seelöwens.


Es war wirklich unglaublich, wie dicht wir an den Seelöwen kommen konnten. Dieser schien die Aufmerksamkeit fast zu genießen und sonnte sich förmlich in dem Fotohagel – immer neue Posen ausprobierend. 

Den Sonnenuntergang am Strand ließen wir uns natürlich nicht nehmen. Und auch wenn die Sonne letztlich nicht im Meer versank, war es doch ein farbenfroh romantischer Anblick.

Wie gesagt, das Wetter wurde nicht unmittelbar aber dennoch merklich besser. Nach diesem wunderbar sonnigen Tag folgten ein paar Regentage. So setzten wir unsere Fahrt Richtung Süden bis zum Fjordland Neuseelands bald fort.
Fast drei Wochen verbrachten wir an der Westküste und besuchten Städte mit melodisch klingenden Maori-Namen wie Hokitika, Karamea, Punakaiki bis wir schließlich mit Te Anau im südlichsten Zipfel und dem Tor zum Fjordland ankamen. 

Das Schöne an einem Roadtrip ist, dass man die wechselnde Vegetation wie auf einer beweglichen Leinwand vorbei passieren sieht. Die flachen, grünen Mittelerde-Hügeln wichen kahlen, steilen Gebirgsketten, die mit einer dünnen, fast puderzuckerartigen, Schneedecke behangen waren, dort wo ihre Gipfel den Horizont berührten. Und wenn dann noch ein gigantischer See diese Berglandschaft durchbricht – wie z.B. in der Region um Queenstown – und die Sonne für farbenfrohe Glitzerspiele sorgt, die der Wind aufnimmt und weiße Wellenkrönchen erschafft – ja, dann kann man auch gar nicht anders, als dieses Naturschauspiel in sich aufzusaugen und einfach innezuhalten. Und wenn wir nicht gerade zu Fuß mit Valerie in der Kraxe waren, sondern im Auto saßen, dann mussten wir einfach mal aussteigen und die Landschaft genießen. Auch wenn das heißt, dass die kleine, bis dahin schlafende Valerie wach wird und das lautstark kundtut. Nach kurzer Orientierung plaudert der Zwerg dann jedoch stets munter und beherzt drauf los – Naturidylle dann eben mal anders und auch wunderschön. 

Wenn zusätzlich zu einem funkelnden See und einer atemberaubenden Bergkulisse auch noch ein Baum, der dem See zu entspringen scheint, hinzukommt, dann muss man in Wanaka sein. Der „Wanaka Tree“ hat nicht nur eine eigene Markierung bei Google, nein, er hat auch ein eigenes Instagram-Profil. Und weil er so berühmt ist, verwundert es dann auch nicht mehr, dass man fast eine Nummer ziehen muss, um sich in die Schlange der – vornehmlich asiatischen – Canon- oder Nikon-Halter einzureihen, um ebenfalls ein Foto zu schießen.

Im Fjordland schließlich haben wir verstanden, warum die Neuseeländer ihren jährlichen Niederschlag in Metern angeben. Erst wenn es nämlich ein paar Tage hintereinander geregnet hat, zieren hunderte größere und kleinere Wasserfälle die Gebirge im Fjordland. So gesehen hatten wir sehr großes Glück als wir im Milford Sound ankamen, denn wir konnten sie alle sehen. Und nicht nur das. Aufgewühlt durch das frische Wasser erstrahlte der Fjord selbst in einem ungewöhnlich strahlenden Smaragdgrün. 

Und damit endet unsere südlich gerichtete Tour und wir fahren nun (19.10.) Richtung Norden, diesmal zunächst ab durch die Mitte und dann an der Ostküste entlang. Mal schauen, welche landschaftlichen Spektakel uns hier erwarten.

Hinter sieben Hügeln – Die Westküste der neuseeländischen Nordinsel entlang 

Eine der größten Gemeinsamkeiten zwischen Holländern und Neuseeländern ist wohl ihre Liebe zu Campervans – wobei wohl meistens gar nicht die Neuseeländer selbst sondern vor allem Touristen diese fahren. Neben den zahlreichen Schafen dominieren diese Roadtrip-Gefährten unseren Landschaftsblick. Der am häufigsten auftauchende Anbieter heißt übrigens „Jucy“ und hat seine Autoflotte in Grün und Lila gestrichen. Eine echte Augenweide. Und trotzdem, obwohl Neuseeland ein beliebtes Reiseziel ist und sich sehr viele Touristen für eben solche fahrbaren Wohnungen entscheiden, bleibt genug Natur und Freiraum für den Einzelnen. Über lange Strecken unseres Roadtrips sehen wir nämlich niemanden und sind die Einzigen auf der Straße. Es ist, als ob uns die Natur verschlingen und uns ganz einnehmen würde. Kleine Hügelchen reihen sich derart verschlungen aneinander, dass sie diese fast märchenhafte Mittelerde-Idylle versprühen, sodass man jederzeit Hobbits hinter einem dieser Hügel vermuten könnte. Allerdings ziemlich wetterfeste Hobbits. 


Neuseeland begrüßte uns nämlich nach unserem Südseeaufenthalt in Tonga mit Dauerregen und kalten Temperaturen. Und da half auch kein noch so freundlicher Neuseeländer mit einem beteuernden: „So ein regnerisches Winterende hat es noch nie gegeben“. Und auch die Einstellung: „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung“, konnte nur minimal davon ablenken, dass wir im grauen, kalten Neuseeland saßen, während in Deutschland ein – ebenfalls noch nie da gewesener – heißer Spätsommer einsetzte.


Gegen diesen Winterblues halfen nur literweise heiße Schokolade – die wird hier übrigens von Marshmallows begleitet, was die Stimmung gleich nochmal hebt – und die Entscheidung, die Nordinsel zügiger gegen die Südinsel einzutauschen, um im November – und somit im Sommer – wiederzukommen. Geholfen hat auch unser ständiger Ohrbegleiter: Oberkommissar Eberhofer. Eine sehr feine Krimiserie von Rita Falk, gelesen von Christian Tramitz, im feinsten bayrischen Duktus. Spielt es doch hauptsächlich im schönen Niederkaltenkirchen, ab und zu in Landshut und natürlich auch in München.

Von Auckland ging es somit nach Wellington – über Waitomo, Marokopa und New Plymouth. Valerie findet Autofahren zum Glück klasse, sodass auch längere Strecken kein Problem sind. 
Ihr Highlight in Auckland war sicherlich die Art Gallery, die einen eigenen Kinderbereich hat. Auf unterschiedlichstem Untergrund konnte sie krabbeln und mit bunten Schaumrohren spielen. Wobei sie die Tonleiter-Treppe am Aotea Square, die unterschiedliche Töne beim Erklimmen erklingen lässt, ebenfalls spannend fand.


Das eigentliche Touristenhighlight in Waitomo – die Glühwürmchenhöhlen – hingegen hat sie verschlafen, weil es in dem Tragetuch so schön kuschelig und in der Höhle, trotz tausender sich an Helligkeit übertreffender Glühwürmchen, muckelig dunkel war. Valeries Highlight in Waitomo war das wenige Wochen alte schwarze Schaf Noah, welches uns Biddy, die Eigentümerin unserer Unterkunft „Rock Retreat“, an einer Leine zum Streicheln vorbeibrachte. 


Den Wasserfall und den Tunnel zum Meer beim Ausflug um Marokopa verschlief sie ebenfalls, den schwarzen Sandstrand des Dörfchens hingegen fand sie großartig, weil er so schön in der Hand funkelte und anscheinend auch kulinarisch ein Genuss war. In New Plymouth hat uns der Regen wieder völlig eingenommen, sodass wahrscheinlich die heiße Dusche der Kleinen – und nicht nur ihr – gefallen hat. Zudem hatte Valerie – im Gegensatz zu uns – im Nu raus, wie die Spülmaschine anging und sichtlich großen Spaß an den bunten Knöpfen und lustigen Geräuschen. Schließlich war dies ihre erste Spülmaschine seit Berlin und somit Lichtjahre her.


In Wellington schließlich war das Highlight der Kleinen bestimmt die liebevoll eingerichtete Airbnb-Wohnung, die ganz viele Spielsachen für Valerie bereithielt. Unseres war ganz klar das Museum Te Papa und hierbei vor allem die berührende Ausstellung zum ersten Weltkrieg und die Schlacht um Gallipoli. Fast filmstudioreif wurde die Entsendung von Soldaten aus Australien und Neuseeland aufbereitet sowie das Kriegsleben dokumentarisch erzählt. Überlebensgroße Figuren, gestaltet von den gleichen Kreativen, die auch für Filme wie „Herr der Ringe“ und „King Kong“ tätig waren, stellten in abgedunkelten Räumen Schlüsselerlebnisse des Krieges dar. Bis ins kleinste Detail (Gesichtsfalten, Schweißtropfen, kleinste Härchen) war alles sichtbar. In anderen Räumen wurden mithilfe modernster Technik die Auswirkungen unterschiedlichster Waffen auf den Körper gezeigt. Und an vielen Stellen wurden auch die Besucher aufgefordert, tätig zu werden, z.B. selbst einen letzten Abschiedsbrief zu schreiben, wenn sie in einer solchen Lage wären. Nach ca. der Hälfte der Ausstellung musste ich mit einem dicken Kloß im Hals an die frische Luft gehen und einfach nur froh und dankbar sein über unser Glück. Ja, so ein emotionales Museum wäre in Deutschland sicherlich auch nicht schlecht – zum Beispiel in Dresden. 

Nach ein paar erholsamen und zwischenzeitlich sogar sonnigen Tagen in Wellington, hieß es am 29. September früh aufstehen. Gemeinsam mit unseren grün-lila Jucy-Kollegen reihten wir uns in die Fähren-Schlange ein und waren sehr froh, im Gegensatz zu den Jucys nur einen Bruchteil für die Überquerung zu zahlen. Ja, unser Grey ist halt doch die bessere Entscheidung.
Und so heißt es nun: Auf Wiedersehen Nordinsel und willkommen Südinsel.


PS: Schafe gibt es hier ganz offensichtlich tatsächlich. Schaf ey!

Der Roadtrip kann beginnen

Unendliche Freiheit, wohin das Auge blickt unbekannte Wege und eine einladende, sonnige Landschaft, die nur darauf wartet, erforscht zu werden. Dafür passend ist das Auto ausgestattet: Ein Allround-Talent, dass sowohl für Gepäck als auch für Kindersitz und Schlafmöglichkeiten geräumigen Platz bietet; eine Mischung aus SUV, Geländewagen und Pickup, sodass Fahrten durch freies Gelände sowie steile Berghänge ein Klacks sind; der Verbrauch wie bei einem Kleinwagen und schließlich die Farbe: Feuerrot.

So stellten wir uns den Roadtrip und vor allem unser Auto vor.

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Mit Wehmut mussten wir uns aber nach und nach von all unseren Vorstellungen trennen. Das Auto unserer Wahl ist die rational richtige Entscheidung. Das müssen wir uns immer wieder sagen. Für das, was wir vorhaben, ist es perfekt. Vor allem ist es günstig, super in Schuss und sehr sparsam im Verbrauch. Aber es ist und bleibt das genaue Gegenteil unserer Wunschvorstellung: Es ist ein Nissan Wingroad – und damit ein Auto, das in Deutschland nicht nur völlig unbekannt ist, sondern zudem völlig unsexy, da es eher Familienkarosse als schnittiger Geländewagen ist. Wilde Fahrten auf unerschlossenen Wegen sollten wir daher meiden, auch weil das Auto sehr tief liegt und wir bei jeder Art von Bodenwelle bereits sehr vorsichtig sein müssen. Platz bietet es zwar für unser Gepäck und den Kindersitz, zum Schlafen ist es aber zu klein – zumal sich die Frage stellt, wo dann unser Gepäck hin sollte. Und zu allem Übel ist es auch noch grau – nicht silber, was eigentlich auch nur semantisch einen Unterschied machen würde. Aber es ist und bleibt die rational und ökonomisch betrachtet richtige Entscheidung.
Aus neuseeländischer Sicht ist es sogar ein Neuwagen, da es ein frischer Import aus Japan ist. In Neuseeland werden keine Autos selbst produziert, sondern – vornehmlich aus Japan – importiert. Diese Autos haben meistens bereits ca. 100.000 km auf dem Buckel und müssen eine strenge Import-Qualitätskontrolle bestehen, bevor sie in Neuseeland verkauft werden dürfen.

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Der größte Anbieter für Gebrauchtwagen ist yescars. Auch unser Auto haben wir dort gekauft. Die Verkäufer sind – so wie einfach alle Menschen, denen wir bisher in Neuseeland begegnet sind – unglaublich freundlich und hilfsbereit! Anstelle uns eines der teuren Modelle zu verkaufen, die wir uns angeschaut haben, hörten sie sich an, was wir vorhaben und kamen dann mit unserem „Grey“. Sie unterstützten uns zudem bei der Registrierung des Autos, die bei einem internationalen Führerschein persönlich im Registrierungsamt erfolgen muss, erledigten den notwendigen Bürokram (u.a. Straßenservicegebühr) und organisierten einen Kindersitz für Valerie – alles ohne jegliche Zusatzkosten versteht sich.
Von einem weiteren hilfsbereiten Neuseeländer, den wir am Flughafen in Tonga kennen gelernt haben, erhielten wir eine komplett ausgestattete Campingausrüstung – inkl. 4-Personen-Zelt, Liegen (denn wer schläft schon gerne auf Isomatten), Schlafsäcken und sogar einen Campinggrill, den wir allerdings aus Platzgründen leider da lassen mussten.
Mit unserem ganzen Gepäck im Wingroad wirkt der „Grey“ auf einmal nicht mehr ganz so geräumig – gut, dass er einen Lastengang für die vielen Hügel in Neuseeland hat. Und dann kann es auch schon losgehen!
Eine ganz genaue Route haben wir nicht. Entlang der Westküste wollen wir bis Wellington fahren, um dann mit der Fähre auf die Südinsel zu gelangen. Dort soll es ebenfalls entlang der Westküste bis zum Fjordland gehen und anschließend an der Ostküste zurück nach Wellington und danach ebenfalls entlang der Ostküste in den Norden der Nordinsel von Neuseeland.
Drei Monate Roadtrip durch Neuseeland wir kommen!

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Am anderen Ende der Welt

Neuseeland ist von Deutschland aus betrachtet das wohl am weitesten entfernte Land, das man sich aussuchen kann. Wenn man ein Loch von unserem Wohnort Berlin durch die Erde buddeln könnte, käme man in Neuseeland – bestimmt in Auckland, dem Ausgangspunkt unserer Reise – an. 
Damit muss es zusammenhängen, dass hier alles verdreht ist. Nein, die Menschen stehen nicht auf dem Kopf, aber uns dreht sich ganz schön der Kopf, denn es herrscht Linksverkehr – und dies gilt nicht nur für Straßen und Gehwege.


Die Autos fahren auf der linken Fahrseite und der Fahrersitz nebst Lenkrad sind rechts im Auto positioniert. Wie ein Neuseeländer meinte: Solange der Fahrer mittig auf der Straße fährt – und eben nicht rechts am Wegesrand – ist alles gut. Doch damit ist es nicht getan mit dieser verdrehten Welt. Irgendwie scheint alles auf dem gegenüber vom intuitiv vermuteten Platz zu sein: Der Wasserhahn für warmes Wasser – und ja, nach Tonga haben wir diesen Wassergriff sehr zu schätzen gelernt und unmittelbar nach unserer Ankunft in Auckland gefühlte Stunden heiß geduscht – befindet sich links; die Türschlösser öffnen sich mit einem Dreh entgegengesetzt dem Uhrzeigersinn. Die Pedale im Auto hingegen sowie die Anordnung der Scheibenwischer sind interessanter Weise wie aus Deutschland bekannt.


Der Regenbogen wiederum scheint von rechts nach links zu gehen. Zumindest war am rechten Ende des Regenbogens, der plötzlich auf der Wiese vor uns endete, kein Pot voll Gold – nichtsdestotrotz war es unglaublich tatsächlich das Ende bzw. den Anfang eines Regenbogens zu sehen!


Trotz dieser Wirrungen und Verdrehtheit ist es aber sehr leicht, sich in Neuseeland wohl und heimisch zu fühlen. Vielleicht liegt es an der grünen und sauberen Naturidylle, mit ihren kleinen Mittelerde-Hügeln und den zahlreichen Schafen, welche diese bevölkern. Vielleicht liegt es an der Ruhe und Gelassenheit, die man förmlich mit jedem Schritt einatmet. Vielleicht aber liegt es an den Neuseeländern selbst. Nie zuvor haben wir so zahlreich viele herzliche, freundliche und humorvolle Menschen kennengelernt – und das war nach der Erfahrung von Mala Island eigentlich schwer vorstellbar. Es scheint, als ob jeder Bewohner Neuseelands mit einem zusätzlichen Gen an Zuvorkommenheit bestückt ist. 


Dies erlebten wir bereits bei unserem ersten Berührungspunkt mit Neuseeland auf dem Flug mit Air New Zealand. Bei unserem Weiterflug von Hongkong nach Auckland wollten uns die chinesischen Kollegen nicht mit unserer Kraxe ins Flugzeug einsteigen lassen – wir hätten sie einchecken müssen. Kaum an der Maschine angekommen, begrüßte uns ein – insbesondere im Vergleich zum chinesischen Kollegen – stämmiger Neuseländer mit einem breiten Lächeln und versicherte uns im melodischen neuseeländischen Englisch, dass wir die Kraxe selbstverständlich mitnehmen können. Kurzerhand nahm er die Kraxe sogar selbst in die Hand, begleitete uns zu unseren Sitzen, verstaute unser Handgepäck und brachte uns Getränke und Snacks – ununterbrochen mit Valerie scherzend. Solche Begegnungen mit überwältig herzlichen Neuseeländern begleiten uns täglich: Sei es eine andere Mitarbeiterin von Air New Zealand, die uns auf unserem Flug nach Tonga darin unterstützte, unser Gepäck derart hin und her zu packen, dass unsere Zusatzkosten möglichst gering ausfielen. Und nicht nur die Mitarbeiter von Air New Zealand sind äußerst hilfsbereit. Regelmäßig werden wir auf der Straße, wenn wir auf unseren Reiseführer – oder unser Handy mit zahlreichen post-modernen Reise-Apps – schauen, gefragt, ob wir Hilfe bräuchten; an einem der vielen regnerischen Tage wurde uns kurzerhand von einer Frau ein riesiger Schirm geschenkt; jeder Neuseeländer, den wir im Mala Island Resort trafen, gab uns wie selbstverständlich seine Kontaktdaten und bot uns jederzeit seine Hilfe an und ein Neuseeländer am Flughafen in Tonga teilte mit uns sogar seine liebste Reiseroute durch Neuseeland, organisierte uns eine äußerst günstige Urlaubswoche in seinem Ferienhaus im Norden von Neuseeland und lieh uns seine umfassende Campingausrüstung, die wir zum Start unseres Roadtrips dankbar in Auckland entgegen nahmen. Und überhaupt scheint sich jeder Neuseeländer, den wir treffen, sehr darüber zu freuen, dass wir uns drei Monate Zeit nehmen, dieses wunderbar diverse Land zu erkunden – und nicht nur 4-6 Wochen wie die meisten Touristen – und nennt uns Sehenswürdigkeiten, die wir nicht missen sollten.


Das andere Ende der Welt hat uns völlig eingenommen und wir sind ganz gespannt auf all die Abenteuer, die uns hier erwarten.

Kia ora Aotearoa – Willkommen Neuseeland

Ein Hoch auf Mala

Es ist nicht das, wonach es aussieht.


Verfallen und einsam steht er da. Still und stolz trotzt er den wiederkehrenden Wellen und Gezeiten. Ein Relikt einer besseren Zeit – wie so vieles im Mala Island Resort. Der Pfeiler, der bei Flut kaum noch zu sehen ist, ist ein Überbleibsel eines ehemaligen großen Stegs. Früher müssen die Boote daran angelegt haben und wahrscheinlich muss man anschließend sogar vom Boot aus mit einer Leiter auf den Steg gelangt sein. Zumindest bei den kleinen Motorbooten, die weiterhin die Hauptinsel mit Mala Island verbinden. Früher konnten bestimmt auch die größeren Walbeobachtungsboote an diesem Steg anlegen und die Gäste abholen. 


Dies ist jetzt alles anders. Hinter dem einsamen Pfahl steht am Inselrand ein restlicher Bestandteil des Stegs. Boote legen hier schon länger nicht mehr an. Stattdessen wird das Bootanlegen auf die einheimische Art gehandhabt, so wie es auch auf den touristenfreien Nachbarinseln gelebt wird: Die kleinen Motorboote fahren bis auf den Strand und die Insassen hüpfen ins seichte Wasser, um an Land zu gelangen. Die größeren Walbeobachtungsboote steuern Mala Island weiterhin an, um die Gäste abzuholen. Allerdings bleiben sie im tieferen Wasser stehen und warten. Ihr Mororengeräusch ist bereits Meilen zuvor hörbar, sodass ohne weitere Absprache das auf Mala Island stationierte kleinere Motorboot die Gäste pünktlich und sicher zum größeren Boot bringen kann. Meistens zumindest. Manchmal kommt das größere Boot später als gedacht, manchmal muss das größere Boot etwas länger warten. Aber was ist schon Zeit? Hier auf Tonga sind es das uhrenlose Lebensgefühl und die Abgestimmtheit zwischen Tag und Nacht, Wachen und Ruhen, die das Urlaubsgefühl erst richtig aufkommen lassen und zum Abschalten und Verschnaufen einladen. Relativ ist auch die Zuverlässigkeit von Maschinen. Nicht selten – oder besser gesagt – mit einer schweizerischen Regelmäßigkeit versagt der Motor der Boote. Und dies gilt demokratisch für alle Boote: Sei es der Motor des kleinen Bootes, welches mich gerade zum Walbeobachtungsboot bringt, sodass mir kurzentschlossen die Ruder in die Hände gedrückt werden, oder sei es der Motor des Walbeobachtungsbootes, welches am ersten Waltag meines Mannes kaputt geht, sodass er mehr als drei Stunden auf hoher See und in der Mittagssonne warten musste, während die Wasservorräte langsam zu neige gingen.


Verfallen und einsam steht auch das Mala Island Resort auf der eigenen Privatinsel Mala. Notdürftig werden kleinere Schäden repariert, z.B. wird das löchrige Fliegennetz mit Tape verarztet. Fließendes Wasser gibt es meistens nur aus dem Wasserhahn. In der Dusche hat man eher ein tröpfelndes Duschvergnügen, zumindest wenn man auf warmes Wasser hofft – und nicht selten wird man mit kaltem Wasser belohnt. Die gesamte Einrichtung und besonders die Betten sind sehr verwohnt und – wenn es gerade windstill ist oder der Ventilator still steht bzw. nicht existent ist – verfängt sich ein muffiger Geruch in der Nase. Nein, einladend ist das Ganze nicht.


Ganz anders wirkt das auf der Nachbarinsel gegenüber gelegene Resort, auf das man am Strand liegend und in der Sonne badend einen ausgesprochen guten Blick hat. Derzeit in der Hand eines Österreichers – vorher von einem Passauer erbaut – erstrahlt es in einem 5-Sterne Reisezeitschriften-Luxus: Breite Veranda mit weißen Außenpolstern, Hängematten und feinen, weißen Sonnenschirmen, sauber und geräumig aussehenden Appartments und einem – wer hätte es anders gedacht – breitem und ordentlich gesäumten Steg.

Dennoch bin ich froh, dass wir nicht unserem inneren Fluchtreflex folgten, als wir hier im „falschen“ Ressort ankamen. Natürlich, die wunderschöne Natur mit dem funkelndem Meereswasser und dem für Tonga berühmten Schnorchelspot „Japanese Garden“, teilen sich beide Ressorts gleichermaßen. Was aber das Mala Island Resort zum Ziel aller Tonga-Reisenden machen sollte, sind die Menschen. 

Der US-amerikanische Besitzer mit osteuropäischen Wurzeln zahlt seinen tonganesischen Mitarbeitern faire Löhne und geht respektvoll mit ihnen um. Beides keine Selbstverständlichkeit, wie eine Tonganesin meint, die vor langer Zeit in dem gegenüber liegendem Ressort gearbeitet hat. Auch zwischen den Angestellten ist die Stimmung stets fröhlich und freundlich. Besonders um Valerie kümmern sich alle wie ganz selbstverständlich und ermöglichen uns auch mal die ein oder andere Zeit allein z.B. beim Essen – ein Luxus, der uns vor Valeries Geburt gar nicht als solcher bewusst war. Das Essen ist überhaupt auch ganz hervorragend. Jeden Tag dürfen wir eine neue tonganesische Spezialität probieren – besonders angetan haben es uns der Hummer sowie Fisch in allen Variationen; auch roh. Wer hingegen lieber österreichische Spezialitäten genießen will, nutzt das Ressort gegenüber oder fährt für „internationales“ Essen (Pizza, Hamburger, Pommes) auf die Hauptinsel – tonganesisches Essen hingegen sucht man dort vergeblich.


Ein Phänomen ist auch Nesha, der Eigentümer des Mala Island Resorts. Wenn es auf der Hauptinsel mal wieder an allem knapp wird, weiß er stets, wo er es trotzdem kaufen kann. So haben wir z.B. regelmäßig Eier und Papaya – beides Mangelware. Selten ist auch Benzin, was besonders für die Motorboote notwendig ist. Irgendein findiger Geschäftsmann – um nicht Berater zu sagen 🙂 – hat ausgerechnet, dass die bisherigen Tankschiffe zu klein sind und der Umsatz bei größeren Schiffen besser wäre. Also wurden die kleinen gegen größere Schiffe ausgetauscht. Mit dem Ergebnis, dass die größeren Schiffe nicht mehr alle Inseln problemlos ansteuern können und viele bewohnte Inseln nun entweder über ein kompliziertes Umladeverfahren in Fässer beliefert werden oder eben gar nicht mehr. Doch auch dies kann Nesha nicht erschüttern. Auch nicht das ständige und leere Versprechen der Telekommunikationsbranche, die Geschwindigkeit des Internets zu verbessern. Meistens gibt es keine stabile Internetverbindung, weswegen auch unsere Blogartikel selten dann publiziert werden, sobald sie verfasst sind.

Nesha – gemeinsam mit seiner Familie und den Angestellten, die eigentlich auch eher wie Familienmitglieder behandelt werden – trotzt diesen Widrigkeiten mit einem breiten Lächeln und versucht, dass sich jeder Gast mit all seinen individuell unterschiedlichen Bedürfnissen auf Mala Island wie zu Hause fühlt. Seine Gastfreundschaft ist schier unendlich. Nicht selten würden die Gäste am Ende ihres Aufenthalts am liebsten länger bleiben. Den Abschiedsschmerz versüßt Nesha in solchen Momenten gerne mit großzügigen Preisnachlässen oder Tauschangeboten – z.B. erlässt er einfach alle Mahlzeiten für eine Taucherlampe.
Tonga ist ein Entwicklungsland, dies muss einem bewusst sein. Aber das Land belohnt die weite Anreise seiner Gäste mit einer grandiosen Natur und – zumindest im Mala Island Ressort – mit herzlichen und äußerst gastfreundlichen Menschen. Wir zumindest sind bereits ein Teil ihrer Familie geworden und sie ebenfalls ein Teil unserer. 

Danke!

Auge in Auge mit Buckelwalen

Nachdem ich nun ein paar Tage an dem Eintrag zu unserem absoluten Highlight – Schnorcheln mit Buckelwalen – gefeilt habe, stelle ich beim Korrekturlesen immer wieder fest, dass Worte unsere Erlebnisse einfach nicht treffend wiedergeben können. Denn wie kann man eine magische Begegnung mit diesen majestätischen Säugetieren überhaupt in Worte fassen? Wie kann man das Gefühl beschreiben, nur wenige Meter von diesen ruhigen Tieren entfernt zu sein? Mitzuerleben, wie behutsam, ja geradezu sanftmütig diese Kolosse durch das Wasser gleiten und sich dabei stets in der Nähe der Schnorchler besonders vorsichtig fortbewegen, um nur ja niemanden mit ihren gigantischen Schwanzflossen zu berühren? Wie kann man diesen besonderen emotionalen Moment beschreiben, wenn ein Walbaby sich an seine Mutter kuschelt, um zu trinken, oder die Walmutter dem Baby geduldig das charakteristische Springen aus dem Wasser beibringt und das Baby es tapfer und unermüdlich nachahmt – mit immer besserem Erfolg? Sicherlich berühren uns als frische Eltern solche Situationen auch einfach auf ganz besonders intensive Weise.

Daher also weniger Text und dafür sehr einige Fotos und Videos!


Vielleicht nur soviel als Randinformation: Es gibt nicht viele Orte auf dieser Welt, an denen man Buckelwalen so nah kommen kann. Das Königreich Tonga steuern die Wale regelmäßig zwischen Juli und Oktober an, um ihren Nachwuchs zu gebären und ihm alles Wichtige für die weitere Reise beizubringen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Naturparadiesen hat Tonga die Notwendigkeit für den Naturschutz erkannt, zumindest was den Schutz von Walen betrifft. Das Schnorcheln mit Walen wurde mit Hilfe von limitierten Lizenzen erfolgreich eingeschränkt, zudem ermöglichen ausgebildete Walbeobachter eine für beide Seiten – Touristen und Wale – sichere und respektvolle Begegnung. Dazu zählt, dass immer nur vier Schnorchler gleichzeitig im Wasser sein und mit den Walen schwimmen dürfen. Dies gilt übrigens pro Schnorchelgang, d.h. dass Touristen in anderen Booten warten müssen, bis die vier Schnorchler wieder aus dem Wasser gestiegen sind, um anschließend selbst reinzuspringen.

Um einen dieser begehrten Schnorchelplätze zu ergattern, lohnt sich eine frühzeitige Buchung! Wir waren sehr überrascht, ca. drei Monate vor Abflug kaum noch Schnorchelplätze zu erhalten. Bis dahin gingen wir davon aus, dass wir dieses Abenteuer flexibel vor Ort buchen könnten.


Und zusätzlich wie bei jeder Tierbeobachtung in freier Wildbahn muss man auch einfach Glück haben. Von den sechs Walbeobachtungstagen, die sich mein Mann und ich geteilt haben – einer musste schließlich abwechselnd bei unserem kleinen Nachwuchs bleiben – hatte mein Mann einen ungewöhnlich magischen Schnorcheltag: Selbst der Guide, der täglich im Wasser ist und mit Walen schnorchelt, war völlig aus dem Häuschen, als plötzlich wie aus dem Nichts – während der Beobachtung einer Wal-Mutter mit ihrem Baby – ein männlicher Wal keine fünf Meter entfernt auftauchte und Auge in Auge an meinem Mann vorbeischwamm.

Bis auf einen sehr schlechten Tag mit Gewitter, Blitz, Donner, kaum Walbeobachtungen und bis auf die Knochen verfrohenen Schnorcheltouristen, hatten wir stets sehr großes Glück bei unseren Wal-Ausflügen.

Aber genug der Worte; die Bilder und Videos sprechen ganz für sich:


Mehr hier und auch hier.

Drei Wochen einsame Insel – was tun?

Probier’s mal mit Gemütlichkeit…
Ist uns schon langweilig? Nicht mehr.

Wir sind tatsächlich schon seit zwei Wochen auf „unserer“ Privatinsel Mala (09.09.2016). Die ersten Tage waren lang und wir fragten uns, was wir alles tun sollten, wenn am Ende der Aktivitäten noch soviel vom Tage übrig war.

Viel tun kann man nämlich nicht. Es gibt ein Kajak, mit dem man um die kleine Insel paddeln kann. Aufgrund der Strömung kann das schon eine richtige sportliche Betätigung werden. Um die Insel laufen kann man nicht, dazu ist sie zu bewachsen. Aber einen „Weg“ durch die Insel gibt es. Am zweiten Tag wollten wir so die Insel erkunden. Nach ca. 30 Minuten haben wir umgedreht – den Blick auf’s Meer suchten wir vergeblich, dafür haben wir zahlreiche kunstvoll gesponnene und sich an Größe übertreffende Spinnennetze – meistens mit dem Gesicht – ertastet. Nachdem der Rückweg entsprechend frei war, dauerte die Strecke auch nur noch ca. 10 Minuten. Schnorcheln kann man ebenfalls. Das Mala Island Ressort liegt direkt vor dem für Neiafu berühmten Schnorchelspot „Japanese Garden“. Hier reiht sich ein Korallenriff an das nächste und beherbergt sämtliche kleine und mittelgroße Fische, wie z.B. Stachelrochen, Kugelfische, Kalmare, Seesterne in verschiedenen Formen und Farben, ebenso Seegurken in allen Spektren, Rifffische wie Fahnen- und Riffbarsche, Doktor-, Pinzetten-, Trompeten-, Igel- und natürlich Anemonenfische.


Auch die Touristenattraktion „Swallows Cave“ ist nicht weit. Tatsächlich ist es wirklich spektakulär mit dem Motorboot an kleinen Inselchen und aufblitzenden Korallenriffen vorbei zu fahren und schließlich in die Höhle zuzusteuern. Swallows Cave ist riesig. Unser Boot hat genügend Platz reinzufahren und von der plötzlichen Dunkelheit eingenommen zu werden. Sobald sich unsere Augen an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnt haben, erkennen wir auch hier die für uns mittlerweile so typisch gewordene blau-grüne Farbpalette des Meeres. Selbst in dieser Höhle erstrahlt das Meer in unterschiedlichen Farbtönen. Das Wasser ist ganz klar und wir sehen vom Boot aus bereits viele Fische. Was ist das aber im Vergleich zu dem Anblick, der sich uns bietet sobald wir die Schnorchelmaske angezogen und ins Wasser getaucht sind? Ein gigantischer Schwarm Glasfische zieht unter uns seine Bahnen. Die einzelnen Fische glitzern, wenn der ganze Schwarm wie auf ein unhörbares Kommando hin seine Richtung wechselt. Die Höhle ist sehr tief und trotzdem hat man das Gefühl, bis fast auf den Grund blicken zu können, so klar ist das Wasser. Die Kinder und Angestellten, die wir auf diesen Ausflug mitgenommen haben, staunen nicht schlecht, als sie nacheinander mit meiner Schnorchelmaske – anscheinend zum ersten Mal – das Fischparadies unter sich entdecken.


Nach dem Höhlenbesuch fahren wir weiter zur Insel „Nuku“. Wenn Mala schon eine Postkarten-Insel ist, fehlen mir nun wirklich die Worte, um diese Robinson-Crusoe-Idylle von Nuku Island zu beschreiben. Eine einsame Insel, wie sie im Buche steht. Keine Menschenseele, nur fantastische Natur mit einem schier endlosen weißen Sandstrand, der sich auf der einen Seite im seichten Meereswasser scheinbar endlos fortsetzt während der Strand auf der anderen Seite plötzlich aufhört und eine tiefdunkelblaue Meereswand freigibt. Schöner kann das Paradies nicht sein – höchstens man erwartet ein Labyrinth voller Bücher wie Borges sagt. Beim Schnorcheln kann man analog zu dem Spruch unserer Breitengrade nur denken: Man sieht das Meer vor lauter Fischen nicht. Kaum können unsere Augen mithilfe der Schnorchelmaske unter Wasser sehen, entdecken wir die ganze Artenvielfalt des Meeres. Im seichten Wasser drängt sich ein glitzernder Fischschwarm um den anderen während von oben die Vögelschwärme nacheinander auf der Suche nach Nahrung ins Wasser stürzen. Auf der anderen Seite, im tiefen Blau hingegen, ist es ruhiger. Bestimmt kann man hier auch die größeren Tiere sehen. Tigerhaie soll es in Tonga geben. Dieses Glück haben wir nicht. Allerdings würden wir diesen Meeresgiganten auch lieber als Taucher und nicht als Schnorchler begegnen. Wir entdecken hingegen erneut Clownfische, Pufferfische, …

Soweit Tag drei in Tonga – das Highlight und der Hauptgrund für alle Touristen, die sich nach Tonga verirren, ist jedoch das Schnorcheln mit Buckelwalen. Dies sollte ab unserem fünften Tag regelmäßig stattfindenden.


Und damit finden die Aktivitäten, denen man hier nachgehen kann, auch ein Ende. Alle, denen wir sagten, wir blieben drei Wochen auf Mala, schauten uns ungläubig an. Und es stimmt. Die Touristenattraktionen kann man auch ohne Probleme und zeitliche Engpässe in 4-5 Tagen gemütlich erleben. Aber dann macht man auch genau das: Notwendige Reise-To-Dos abarbeiten und abhaken. Es hat ca. 1 Woche gedauert, bis wir hier endlich angekommen sind. Mittlerweile leben wir im Einklang mit dem Lauf der Sonne. Wir stehen morgens auf, meistens sogar deutlich früher als an den Wochenenden in Deutschland. Nicht selten genießen wir im Bett liegend den Sonnenaufgang über dem Meer, das blaue Leuchten des Meeres und das Rauschen der Blätter. Gemütlich schlendern wir die mit Palmen bewachsene Allee zum Haupthaus, das fast ausschließlich aus einer riesigen Veranda besteht. Valerie ist natürlich dabei und reitet meistens auf Papas Schultern zum Frühstück. Oft spielen wir dabei verstecken, wofür Valerie uns stets mit jauchzendem Lachen belohnt – ein echtes Tages-Highlight, nicht nur für unsere Kleine. Wenn uns andere Gäste beim Frühstück fragen, was wir heute so vorhaben, wissen wir es meistens nicht. Wir genießen einfach auch die kleinen Momente, die wir jetzt zusammen als kleine Familie haben: sei es die Freude über das mittlerweile schnelle Krabbeln von Valerie, ihre ersten Treppenbesteigungen, ihre ersten Schritte im Sand oder ein erneut gelungenes Unterwasserfoto meines Mannes, ein gemeinsam bestaunter Sonnenuntergang – und der ist meistens, wenn es nicht gerade wolkig ist, atemberaubend! Von der Veranda aus sieht man, wie sich der Himmel langsam golden färbt und mit zunehmend versinkender Sonne immer röter wird, bis die Sonne dann ganz verschwindet und uns die Müdigkeit überkommt.


Nein, langweilig ist uns nun wirklich nicht mehr.

…mit Ruhe und Gemütlichkeit jagst Du den Alltag und die Sorgen weg…

(Das Dschungelbuch)

Im Paradies braucht man kein warmes Wasser

Kinder sind etwas wunderbares, denn sie lehren uns, die Welt durch ihre unbeschwerten Augen zu sehen und somit das Wesentliche zu erkennen.

Bereits der Landeanflug auf Tonga ist spektakulär. Es ist, als ob die Natur sich selbst übertreffen wollte mit den unterschiedlichsten Nuancen von blau und grün, in denen das Meer erstrahlt. Das Königreich Tonga besteht aus über 160 Inseln. Nicht alle sind bewohnt. Einige bilden nur eine kleine Erdmasse mit ein paar Palmen und viel Strand, umringt von bunten Korallenlandschaften, emsigen Fischschwärmen und glitzerndem türkisfarbenen Meer. Es gleicht tatsächlich den fast zu kitschig anmutenden Südsee-Postkarten. Ein wahr gewordener Traum.

Am kleinen Flughafen von Nukualofa angekommen ist der Tumult und das Gedränge groß. In unterschiedlichen Schlangen geht es durch die Passkontrolle und bald haben unsere Reisepässe einen weiteren Stempel. Allerdings ist mir schleierhaft, wieso der Stempel grundsätzlich nie auf einer freien Seite gemacht wird, sondern am liebsten dort, wo bereits viele andere Souvenire sind – in meinem Fall befindet sich nun der Stempel aus Tonga auf dem Stempel aus Uruguay. Auch bei der Gepäckausgabe geht es turbulent zu. Wie durch ein Nadelöhr drängen die Menschen durch eine schmale Tür, um zur Ausgabe zu gelangen. Das Gepäck wird durch offene Fenster auf den Boden gelegt und die Passagiere versuchen, Schulter an Schulter, ihren Koffer zu identifizieren und anschließend gegen die Strömung der Menschenmenge zum Ausgang zu bringen. Wie bei jedem Inselstaat gibt es strenge Einfuhrregeln. Wir dürfen ohne Durchsuchung passieren, da wir nur Babynahrung dabei haben und lassen das Menschengewusel bald hinter uns.

Auf unseren Reisen freue ich mich jedesmal über solche Momente, in denen mir bewusst wird, dass wir Situationen stets durch unsere eigene kulturelle Brille betrachten. Als ehemalige interkulturelle Trainerin finde ich diese Ereignisse immer besonders spannend. Zum Beispiel auch die Fluganzeige des nationalen Airports auf Tongatapu: Eine Tafel, auf der handschriftlich und mit mir unbekannten Abkürzungen die Flugdaten der einzelnen Maschinen des jeweiligen Tages vermerkt sind. Während in Deutschland versucht wird, durch klare Prozesse, Ordnung und Effizienz zu schaffen, kommen andere Kulturen auf kreative Weise zum gleichen Ergebnis. Manchmal ist halt weniger mehr.

Dies trifft auf jeden Fall auch auf „unsere“ Insel zu. Mit dem Auto geht es quer über die Hauptinsel von Vava’u, Neiafu, und mit dem Boot weiter auf die Insel Mala, auf der wir die kommenden 3 Wochen verbringen werden. Auf dieser kleinen Insel gibt es nur ein Resort mit ein paar Bungalows – alle mit traumhaftem Meerblick. Leider ist dieses Resort deutlich in die Jahre gekommen und wir waren sichtlich geschockt, den „Bungalow“ zu sehen, wo wir die nächsten 3 Wochen verbringen sollten. Traditionell aus Bambus gebaut, bot er zwar eine authentische Unterkunft aber die Frage war, ob wir soviel Authentizität verkraften wollten. Innen roch es entsprechend muffig, es war sehr duster, die Einrichtung – allen voran die Betten – boten nicht den einladensten Eindruck zum Verweilen oder gar zum Schlafen. Zumindest nicht für uns. Die Stechmücken, Ameisen und weitere Tierchen fanden die Spalten in den Bambuswänden und die neuen Gäste großartig. Das Bad war nicht viel besser, obwohl ich mich schon sehr darüber freute, eine Duschkabine und nicht einen Duschvorhang vorzufinden.
Da waren wir nun also. Mala Island. Nach vielen Flugstunden endlich in der Südsee, mit einer traumhaften Kulisse vom Balkon aus und von so ziemlich jedem anderen Punkt der Insel. Aber wie paradiesisch ist die schönste Natur, wenn man nach jedem Schnorchelgang im türkisesten Wasser das Meeressalz mit kaltem, tröpfelndem Regenwasser abspülen muss? Und wie muss es für ein Baby sein, das bisher nur warmes Badewasser gewohnt war?
4 Amerikaner, die einen Tag nach uns ankamen, sind sofort wieder abgefahren und haben sich eine neue Unterkunft gesucht.
Wir sind jetzt bereits eine Woche hier (02.09.2016). Ja, es hat gedauert, bis wir uns von unseren als selbstverständlich erachteten Wohnstandards endlich befreien und das Wesentliche erkennen und genießen konnten. Und es hat gedauert, bis wir in dem Bett schlafen konnten ohne es vorher nach ungewollten Mitbewohnern abzusuchen oder ins Bad zu gehen ohne vorher das Licht anzumachen und ein paar Sekunden abzuwarten. Aber nach jeder Nacht begrüßt uns der beste Ausblick, den man sich wünschen kann: Unberührte Natur, funkelndes, kristallklares Wasser, in dem einzelne Sonnenstrahlen glitzern, zierliche Kokosnusspalmen, die leicht im Windhauch schaukeln und vor allem eine ohrenbetäubende Stille, die nur manchmal unterbrochen wird von leisen, rhythmischen Wellen, Vogelgezwitscher und Blättergeraschel. Valerie freut sich täglich über ihr warmes Badewasser, das sogar Wellen macht und jeden Tag neue Muscheln zum Entdecken bietet. Am meisten freut sie sich über die Eigentümer des Resorts, die sie immer freudestrahlend begrüßt und innerhalb kürzester Zeit im Arm von Olivia irgendwohin verschwindet, so dass nur noch ihr Glucksen uns verrät, wo sie gerade steckt und dort meistens mit den drei Kindern von Olivia spielt.
Ja, manchmal ist weniger vom Unwichtigen eben mehr vom Wesentlichen. Und wer braucht im Paradies schon warmes Duschwasser?

Über den Wolken

Und dann war er da: Der Tag des Abflugs (21.08.2016).

Erschreckende 30 Stunden Flug oder so lagen vor uns – genau nachgerechnet habe ich es nie, denn „Zeit“ ist mit einem Baby etwas ganz relatives. Wir haben in weiser Voraussicht einen Nachtflug gebucht – zumindest für die erste Strecke von Frankfurt nach Hongkong. Nach ein paar Stunden Aufenthalt in Hongkong würde der Weiterflug nach Auckland folgen. Ebenfalls ein Nachtflug; zumindest nach der dortigen Ortszeit – für uns also ein gefühlter Tagflug. Aber wir waren vorbereitet: Um zumindest die Laune der Mitreisenden gnädig zu stimmen, war unser Handgepäck bis zum Bersten mit Haribo gefüllt.

Und dann kam doch alles ganz anders als gedacht.

Pünktlich in Frankfurt angekommen erwartete uns bereits beim Check-In die erste Überraschung. Lufthansa konnte unsere Tickets nicht ausstellen, weil wir laut ihren Angaben länger als 3 Monate in Neuseeland sein würden und somit ein Visum bräuchten. Zum Glück hatten wir vorab mit der neuseeländischen Botschaft telefoniert und waren somit bestens informiert: Als Deutscher Staatsbürger kann man mit einem Touristenvisum 2 mal 3 Monate in Neuseeland verbringen. Da wir nach Ankunft in Auckland ein paar Tage bleiben und anschließend nach Tonga fliegen würden und erst danach 3 Monate in Neuseeland bleiben würden, war es nach neuseeländischem Recht OK. Nicht aber nach dem lufthansaischen; das System ließ sich nicht überschreiben. Erst ein Gang unserer Check-In-Dame zu einer nicht sichtbaren Abteilung brachte das gewünschte Ergebnis: Unsere Reisetickets.

Allerdings hatte die Check-In-Dame noch eine Überraschung für uns parat: Unser Gepäck. Eine Überraschung, die uns immer wieder begleiten sollte. Baby-Kraxe und Baby-Bett konnten wir kostenfrei einchecken, bzw. die Kraxe sogar letztlich doch noch als Handgepäck in die Kabine mitnehmen, unsere beiden Rucksäcke aber waren das Problem. Lufthansa erlaubt 23 kg pro Person und dieses Gewicht muss auch auf entsprechend viele Gepäckstücke verteilt werden. In unserem Fall hat es zwar vom Gewicht gepasst, nicht aber von der Anzahl der Gepäckstücke. Also ab zum nächsten Kofferladen – wie gut, dass es davon stets so einige auf Flughäfen gibt. Nachdem unsere 3 Gepäckstücke (plus Baby-Bett) sicher eingecheckt waren, ging es anschließend zur Sicherheitskontrolle.

Die große Überraschung dort: Freundlichstes und zuvorkommendendes Personal. Alle haben mit Valerie gelacht und einige wollten sie sogar halten. Selbst die dort aufgestellten Polizei-Beamten zwinkerten Valerie zu und lächelten sie an – was sie mit einem jauchzenden Gluckser konterte und sich sichtlich wohl fühlte.

Die positiven Überraschungen hielten an: Der eigentlich vergebene Mittelplatz zwischen uns wurde frei gemacht, so dass wir mehr Platz hatten und ein Baby-Bett für Valerie wurde an der uns gegenüberliegenden Wand befestigt. Und wie war nun der erste lange Flug? Ganz großartig! Valerie ist eine geborene Windelbummlerin! Das Haribo blieb im Handgepäck, da Valerie entweder gut gelaunt vor sich hin lachte oder schlief. Und auch der Weiterflug von Hongkong nach Auckland verlief grandios. Unser Haribo hat es sicher bis ans andere Ende der Welt geschafft.