Mit der Überfahrt von Wellington nach Picton auf die neuseeländische Südinsel besserte sich das Wetter tatsächlich. Zwar nicht unmittelbar aber doch merklich. Schlagartig schien sich hingegen die Zahl unserer Jucy-Kollegen zu verdoppeln.
Und die Anzahl Touristen stieg ebenfalls erheblich. Allerdings trifft auch auf die Südinsel zu, was bereits für die Nordinsel gilt: Neuseeland ist ein so großes und dünn besiedeltes Land, dass sich die Menschen – inklusive der Touristen – auf wundersame Art verteilen, sodass eigentlich nur unberührte Natur bleibt, soweit das Auge reicht. Von Schafen abgesehen. Die wiederum findet man überall, dicht gefolgt von Kühen und Alpakas – ja tatsächlich Alpakas, die angeblich nicht nur aufgrund ihrer Wolle hier so beliebt sind, sondern als Schafhüter eingesetzt werden. Mehrheitlich sind es aber die weißen Schafswollknäule, welche die Landschaft dominieren. Vor allem Neugeborene sehen wir sehr häufig – was an der aktuellen Jahreszeit und natürlich unserem momentanen Wahrnehmungsfilter liegt.
Unser erster Halt auf der Südinsel galt dem Abel Tasman Nationalpark. Mit der Überfahrt von Wellington nach Picton und der Weiterfahrt bis Takaka durch enge, steile und vor allem sehr kurvige Berghänge, war die Autostrecke eine unserer bisher längsten Fahrten. Während ich mir bei unserem sicheren Rennfahrer die Einnahme der Seekrankheitstabletten wünschte, schien Valerie ziemlich unbeeindruckt zu sein. In gewohnt guter Reiselaune spielte, aß und schlief sie oder schaute aus dem Fenster. Nur die letzten Kilometer waren lautstark anstrengend – dies scheint allerdings immer der Fall zu sein, egal wie lange wir fahren. Selbst bei den kleinsten Fahrten zwischen zwei Aufenthaltsorten sind immer die letzen Kilometer die stimmintensivsten.
Entsprechend kaputt und müde kamen wir in unserer Airbnb-Unterkunft an und wollten alle nur noch schlafen. Oder zumindest fast alle. Valeries Schlafverhalten nachts hat nämlich nichts mit ihrem ansonsten ziemlich entspannten Wesen tagsüber gemein – aber das ist eine andere Geschichte.
Und dann hatten wir ihn. Den schönsten Tag in Neuseeland. Zumindest bis dahin. Es fing schon damit an, dass die Sonne schien. Und sie schien sogar noch, als wir unsere ausgiebige Frühstückszeremonie – begleitet von Kommissar Eberhofer – beendet hatten. Den ganzen restlichen Tag verbrachten wir daher draußen am Whariki Beach.
Unverbauter, unberührter, kilometerlanger Sandstrand, den man nach einem ca. 20-30 minütigen Spaziergang vom Parkplatz aus erreicht, und dazu Sonne – unvorstellbar schön. Gut, auf der Südinsel ist es ziemlich kalt, im Frühjahr allemal, entsprechend kam keiner von uns auf die Idee zu baden; aber ansonsten: einfach traumhaft!
Auch Valerie hatte sichtlich Spaß und raste quietschvergnügt krabbelnd durch den Sand, lieferte sich ein Rennen mit zwei Wasservögeln und tollte in unmittelbarer Nähe eines Seelöwens.
Es war wirklich unglaublich, wie dicht wir an den Seelöwen kommen konnten. Dieser schien die Aufmerksamkeit fast zu genießen und sonnte sich förmlich in dem Fotohagel – immer neue Posen ausprobierend.
Den Sonnenuntergang am Strand ließen wir uns natürlich nicht nehmen. Und auch wenn die Sonne letztlich nicht im Meer versank, war es doch ein farbenfroh romantischer Anblick.
Wie gesagt, das Wetter wurde nicht unmittelbar aber dennoch merklich besser. Nach diesem wunderbar sonnigen Tag folgten ein paar Regentage. So setzten wir unsere Fahrt Richtung Süden bis zum Fjordland Neuseelands bald fort.
Fast drei Wochen verbrachten wir an der Westküste und besuchten Städte mit melodisch klingenden Maori-Namen wie Hokitika, Karamea, Punakaiki bis wir schließlich mit Te Anau im südlichsten Zipfel und dem Tor zum Fjordland ankamen.
Das Schöne an einem Roadtrip ist, dass man die wechselnde Vegetation wie auf einer beweglichen Leinwand vorbei passieren sieht. Die flachen, grünen Mittelerde-Hügeln wichen kahlen, steilen Gebirgsketten, die mit einer dünnen, fast puderzuckerartigen, Schneedecke behangen waren, dort wo ihre Gipfel den Horizont berührten. Und wenn dann noch ein gigantischer See diese Berglandschaft durchbricht – wie z.B. in der Region um Queenstown – und die Sonne für farbenfrohe Glitzerspiele sorgt, die der Wind aufnimmt und weiße Wellenkrönchen erschafft – ja, dann kann man auch gar nicht anders, als dieses Naturschauspiel in sich aufzusaugen und einfach innezuhalten. Und wenn wir nicht gerade zu Fuß mit Valerie in der Kraxe waren, sondern im Auto saßen, dann mussten wir einfach mal aussteigen und die Landschaft genießen. Auch wenn das heißt, dass die kleine, bis dahin schlafende Valerie wach wird und das lautstark kundtut. Nach kurzer Orientierung plaudert der Zwerg dann jedoch stets munter und beherzt drauf los – Naturidylle dann eben mal anders und auch wunderschön.
Wenn zusätzlich zu einem funkelnden See und einer atemberaubenden Bergkulisse auch noch ein Baum, der dem See zu entspringen scheint, hinzukommt, dann muss man in Wanaka sein. Der „Wanaka Tree“ hat nicht nur eine eigene Markierung bei Google, nein, er hat auch ein eigenes Instagram-Profil. Und weil er so berühmt ist, verwundert es dann auch nicht mehr, dass man fast eine Nummer ziehen muss, um sich in die Schlange der – vornehmlich asiatischen – Canon- oder Nikon-Halter einzureihen, um ebenfalls ein Foto zu schießen.
Im Fjordland schließlich haben wir verstanden, warum die Neuseeländer ihren jährlichen Niederschlag in Metern angeben. Erst wenn es nämlich ein paar Tage hintereinander geregnet hat, zieren hunderte größere und kleinere Wasserfälle die Gebirge im Fjordland. So gesehen hatten wir sehr großes Glück als wir im Milford Sound ankamen, denn wir konnten sie alle sehen. Und nicht nur das. Aufgewühlt durch das frische Wasser erstrahlte der Fjord selbst in einem ungewöhnlich strahlenden Smaragdgrün.
Und damit endet unsere südlich gerichtete Tour und wir fahren nun (19.10.) Richtung Norden, diesmal zunächst ab durch die Mitte und dann an der Ostküste entlang. Mal schauen, welche landschaftlichen Spektakel uns hier erwarten.